Interview mit Prälatin Gabriele Wulz

Die Fragen stellte Pfarrer Peter Schaal-Ahlers

Weißt du noch, was du gedacht hast, als du von Bischof Eberhard Renz angerufen wurdest, der dich gefragt hat, ob du Prälatin von Ulm werden wolltest? Musstest du lange überlegen?
Ich war maximal überrascht. Allerdings war klar, dass zuvor noch der Landeskirchenausschuss seine Zustimmung geben muss. Ich hatte dann eine Woche Zeit, mir diese Anfrage zu überlegen, hatte mich aber schon nach drei Tagen entschieden. Ich bin nach Ulm gefahren, habe mir das Münster und die Stadt angeschaut. Dann dachte ich: Ich wag`s.

Über Jahrzehnte hast du im GAW gewirkt. Was bedeutet dir dieses Netzwerk? Wie profitiert die Landeskirche von diesen Beziehungen?
Das Gebiet der Prälatur Ulm ist in großen Teilen, Ostalb und Oberschwaben, von einer Diasporasituation der evangelischen Gemeinden geprägt. Insofern hatte es eine gewisse Tradition, dass der Prälat oder die Prälatin von Ulm den Vorsitz in diesem Diasporawerk der Landeskirche übernimmt. Es gibt kaum eine Kirche in Oberschwaben, die nicht mit Hilfe des GAW erbaut wurde. Taufgeschirr oder Abendmahlsgeräte, die mit Hilfe des GAW angeschafft wurden, gibt es zuhauf. Ich habe von dem Kontakt und den Begegnungen mit Diasporagemeinden in Österreich, Griechenland, Frankreich und der Slowakei enorm profitiert und freue mich über die Gäste, die uns besuchen. Das GAW ist ein traditionsreiches Werk, aber mit viel frischem Elan. Die Impulse einer Theologie der Diaspora halte ich für unsere derzeitigen Transformations- und Veränderungsprozesse für enorm wichtig. Wir könnten uns da einige Scheiben abschneiden, denke ich manchmal.

Hat sich dein Bild vom Menschen im Lauf deiner Amtszeit verändert?
Ich habe mich schon sehr früh im Theologiestudium mit biblischen Texten beschäftigt, die sich mit den sperrigen Erfahrungen des Menschseins beschäftigen. Der Verlust des Paradieses oder auch das Buch Hiob. Ich liebe die Psalmen und fühle mich getröstet und aufgehoben in den Klagen der Einzelnen und des Volkes. Diese biblischen Einsichten haben mich über alle Jahre im Amt begleitet und immer wieder ihre Kraft entfaltet. Überrascht hat mich deshalb nicht viel. Es gibt alles und es gibt nichts, was es nicht gibt.

Was sind die schönsten Aufgaben einer Prälatin?
Ich halte gerne Gottesdienste. Ich schreibe gerne Predigten und Texte. Ich gehe gerne in Besetzungssitzungen für Pfarrstellen und lerne Gemeinden kennen. Ich finde Visitationen sehr interessant, auch wenn sie belastend sein können. Wenn sich im Chaos Verstehen ereignet oder Lösungen anbahnen, dann sind das sehr glückliche Momente. Und immer wieder versuche ich auch, den Sinn und den Nutzen unlösbarer Probleme zu entdecken.

Hast du eine Lieblingskirche?
Die naheliegende Antwort wäre wohl: Ja, das Münster. Aber so einfach ist das nicht. Es gibt so viele wunderschöne Kirchen, die ich in den letzten 24 Jahren kennengelernt habe. Die Stadtpfarrkirche in Biberach ist großartig, ebenso die Schlosskirche in Friedrichshafen, aber auch die kleinen Kirchen in Lautern, in Lehr oder in Weidenstetten. Und ganz ehrlich: Wenn einen eine freundliche Mesnerin begrüßt, dann wird jede Kirche schön.

Wie hast du dich nach deinen vollen Arbeitstagen erholt?
Ich weiß es nicht. Ich merke nur: Wenn ich am Abend sehr verzweifelt bin, nachts nicht wirklich gut schlafen kann, dann stehe ich trotzdem morgens fröhlich auf.

Was hörst du im Auto bei den langen Fahrten im Land?
Meistens Radio. Aber ich telefoniere auch viel, natürlich nur mit Freisprechanlage.

Wo wird dein Platz im Ruhestand sein?
Ich werde in Ulm bleiben. Der Umzug steht an.

Was wünschst du deiner Kirche für die Zukunft?
Dass sie bei ihrer Sache bleibt und sich nicht von Stimmungen und Zuschreibungen hin und her scheuchen lässt.

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