Evangelische Paulusgemeinde Ulm - Leitlinien Kultur

Verabschiedet durch den Kirchengemeinderat am 25.06.2013

Die Evangelische Paulusgemeinde versteht sich als Kirche in der Stadt und für die Stadt.
In ihrem parochialen Leben kümmert sie sich in vielfältiger Weise um die Weckung, Belebung und Weitergabe des Glaubens in der Kette der Generationen.

Als Paulusgemeinde lebt sie nicht so sehr aus traditionellen Gruppen und Kreisen heraus; sie versteht sich vielmehr als Kirche mit Gästen und Partnern.

Ihr Zentrum bildet die baugeschichtlich einzigartige, ästhetisch und vom räumlichen Angebot her höchst verheißungsvolle und attraktive Kirche, das Meisterwerk des Architekten, Städteplaners und Kirchenbauers Theodor Fischer von 1910.

Der Bau selbst ist im Inneren von seiner Raumsymbolik (Ausrichtung nach Westen statt nach Osten) her dezidiert als protestantische Kirche konzipiert und damit ausgerichtet auf den Gottesdienst im Alltag und die Weltverantwortung der Christenmenschen.

Auch Fischers Konzeption - “Jeder Sakralraum in der Kirche ist auch Profanraum und umgekehrt“ - unterstreicht diese Programmatik. Ihr entsprechen Tendenzen im Gemeindeaufbau, wie die Ulmer Vesperkirche und die Nutzung der Pauluskirche als einer der besten und größten Konzerträume in Ulm.

Ein darüber hinaus reichendes kulturelles Nutzungskonzept bietet sich an – vor allem im Blick auf Erschließung von gesellschaftlichen Milieus, die der Kirche entfremdet sind. (Missionsauftrag der Kirche; „Kirche für andere“ - Dietrich Bonhoeffer);

Richtung, Reichweite und Grenzen eines solchen Konzepts ergeben sich aus den Kriterien einer gesteuerten säkularen Öffnung.

1. Was von der Pauluskirche selbst erwartet werden kann:

1.1. Pflege der Gottesdienstkultur

Orientierung an der „Kulturlandschaft des Altares“ (bewusster schöpferischer Umgang mit Sprache, bewusster, auch kritischer Umgang mit bildendem Gestalten, Pflege der Solidargemeinschaften in Schöpfung und Weltgesellschaft im Blick auf „Brot und Wein“: Förderung eines zum Teilen bereiten Lebens. Aus dem Zuspruch der Gnade und der göttlichen Rechtfertigung des Lebens im Gottesdienst folgen die Kriterien der Kinderfreundlichkeit und der Rücksicht auf behindertes Leben, sowie der Angebote, die möglichst niederschwellig sein sollen.

1.2. Pflege der Sonntagskultur

Orientierung eines sakralen Raumes und seines Angebotes am „ersten“ bzw. „siebten“ Tag (Tag der Auferstehung, Sabbat)
„Nebenzyklische“ Orientierung am Kirchenjahr mit entsprechenden „Schwerpunkt-Sonntagen“ als „Proprien“ des Jahreskreises, u.a.
„PaulusSonntag“ mit den Konfi8-Jugendlichen - Gedenktag der Bekehrung des Saulus
„Peter und Paul“ - im Juni
„Orgelsonntag“ 
„Orgelsonntag“ 
"Abrahamsonntag" - internationales Plätzlesfest im Juni
"Architektursonntag"

„IsraelSonntag“ - 10. Sonntag nach Trinitatis
„Reformationssonntag“ - Kanzel für gutes Deutsch
„Literarischer Sonntag“ - im November
„Familiensonntag“ - 1. Sonntag jeden Monats mit dreigegliedertem parallelem Gottesdienstangebot.

2. Was in der Pauluskirche erwartet werden kann

Das hohe Niveau der Bauästhetik und Symbolik, die herausragende Konzertakustik, die Zeugenschaft der frühmodernen Kirche für die jüngere deutsche Geschichte, die oben beschriebene Grundorientierung von Kultur am Kult und am liturgischen Leben des Kirchenjahres bilden zusammen das Alleinstellungsmerkmal der Pauluskirche und generieren Leitlinien für ihre weitere Nutzung.

Die Pauluskirche ist architektonisch und von ihrer qualitätsvollen wie zurückhaltenden Ausstattung her ein Haus der Kunst und für die Kunst.

Dabei geben die Architektur Fischers, das Kruzifix Adolf Hölzels, die Ausmalung Klaus Arnolds u.a. den inneren Bezugsrahmen auch im Blick auf das Niveau für künstlerische Präsentationen vor: Klassische Moderne und die Auseinandersetzung mit ihr.

Die Pauluskirche ist und bleibt als ehemalige Ulmer evangelische Garnisonskirche auch eine Zeugin der jüngeren deutschen Geschichte mit all ihrer schuldhaften und tragischen Verwerfungen. In diesem Rahmen dient sie auch als Haus der Geschichte.

Die Kirche ist es wert, dass möglichst viele Menschen sie kennen lernen und durch sie mit der Welt des Glaubens, Liebens und Hoffens in Verbindung kommen. Dies geschieht durch eigene Veranstaltungen der Paulusgemeinde, durch gezielte Gastgeberschaft für bestimmte Veranstaltungen unterschiedlichen Milieus, aber auch mittels Vermietungen der Räume. Generell wird gelten: Alles, nicht nur das, was von der Pauluskirche erwartet werden kann, sondern auch das, was in ihr erwartet werden darf, und was darüber hinaus in ihr geschieht, muss nach innen (Kirchengemeinderat) und nach außen (Gemeinde und Öffentlichkeit) verantwortet werden und werden können.
Ein einzurichtender Kulturbeirat hat dem Sekretariat des geschäftsführenden Pfarramtes Orientierung zu geben für die dort zu treffenden Einzelfallentscheidungen.

Orientierungskriterien dafür sind:

  • Jedem Veranstalter muss klar sein, dass eine jedwede Funktionalisierung des Raumes für bestimmte Zwecke ihre Grenze im Charakter und der Würde des Raumes als christliche Kirche findet.
  • Jedem Veranstalter muss klar sein und mit geeigneten Mitteln (Handreichung im Benutzungsfall) klar gemacht werden, dass er ein Gotteshaus mit seiner Unversehrtheit und Würde „benützt“. Damit dürfen die Räume niemals bloß als Mittel für fremde Zwecke (oder für die finanziellen Zwecke der Gemeinde) dienen.
  • Ihr religiöser Selbstzweck als Raum einer Kirche ist zu achten und darf weder durch den ideologischen Charakter der Veranstaltung, noch durch die Art ihrer Durchführung, noch durch den (medialen) Aufwand (Equipment etc.) verdunkelt und verstellt werden. Dies betrifft vor allem die Unversehrtheit des Bereiches des Altares, des Taufsteins und des Kruzifixes.
  • Jeder Veranstalter wird sich also aufgrund des unausweichlichen und unverrückbaren Charakters des Raumes der entscheidenden Frage stellen müssen, ob er mit seinen Interessen und Zwecken es unter der Symbolik des Kreuzes Jesu auszuhalten bereit und in der Lage ist.
  • Die Auswahl von Konzerten und Veranstaltungen und deren Inhalte muss den Kirchenjahreszeiten Rechnung tragen.

3. Formalia

Die Verantwortung liegt beim geschäftsführenden Pfarramt. In den regelmäßig stattfindenden Dienstbesprechungen von gewählter Vorsitzender, Pfarrern und Kantor wird kontinuierlich informiert. Beratend und orientierend trifft sich zweimal im Jahr ein Kulturbeirat. Strittige und nicht aufschiebbare Entscheidungen trifft der engere Rat (beide Pfarrer und die / der gewählte Vorsitzende).

Dem Kulturbeirat gehören kraft Amtes an: Gewählte Vorsitzende, Pfarrer, Kantor, Mesner, Pfarramtssekretärin. Es können durch den Kirchengemeinderat weitere an Kultur Interessierte zugewählt werden.

Intendanz und Vorsitz hat der geschäftsführende Pfarrer, die Stellvertretung die gewählte Vorsitzende - beide kraft Amtes.

Die Pauluskirche ist und bleibt ein öffentlicher Raum.

  • Anmietungen von Teilen dieser Räume für öffentliche, private, gar geschlossene Veranstaltungen müssen dem Rechnung tragen. - Zum Beispiel sollte das Kirchenschiff zu den täglichen Öffnungszeiten weitestgehend zugänglich sein.
  • Es besteht kein Rechtsanspruch auf eine Anmietung.
  • Im Rahmen ihrer finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten stellt die Paulusgemeinde die Kirche für Benefizveranstaltungen zur Verfügung.
  • Parteipolitische Veranstaltungen sind nicht möglich.
  • Für christliche Gruppen, Kreise und Organisationen gilt, dass sie der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) angehören müssen.

Die evangelische Pauluskirche Ulm sieht ihr Angebot im Kontext der Ulmer Kulturlandschaft und kooperiert mit den einschlägigen Gremien (z.B. Arbeitskreis Kultur der Stadt Ulm).

Ulm, 25.06.2013